(Deutsch) Es geht nicht um Sicherheitsabläufe oder -prozesse. Diese werden durch Cargolux angewendet. Es geht um das wichtigste und gleichzeitig schwächste Glied in der Sicherheitskette – den Faktor Mensch. Der menschliche Faktor ist die letzte Verteidigungslinie, die zur Vermeidung von Unfällen unabdingbar ist.
Verfahrensabläufe alleine können nur wenig dazu beitragen, für gegenseitiges Vertrauen in einer großen Pilotengruppe zu sorgen. Vertrauen ist jedoch in einer sogenannten „Just Culture“, also einer „fairen und gerechten Kultur", unverzichtbar. "Just Culture" soll ein Umfeld schaffen, in dem Disziplinarmaßnahmen angemessen, gleich und transparent ausfallen - ungeachtet der hierarchischen Position des Mitarbeiters. Dies ist ein internationaler Industriestandard, der dazu beiträgt, dass Fliegen so sicher ist wie nie zuvor.
Bei Cargolux mangelt es in erheblichem Maße an Vertrauen und somit an einer fairen und gerechten Kultur. Dies bestätigte eine Umfrage unter Cargolux Piloten im April 2015 überaus deutlich. Innerhalb der letzten Jahre kam es auf Grund einer Reihe von Vorkommnissen zum Vertrauensverlust der Piloten in ihre Unternehmensführung und des sie umgebenden Sicherheitssystems. Eines dieser Vorkommnisse war der sogenannte "Wing Wave" und zuletzt die Entlassung von vier Piloten. Unabhängig von Details bleibt festzuhalten, dass "Krankheit" im Zusammenhang mit den Entlassungen genannt wurden. Dies geschah in einer Phase, als der Cargolux Geschäftsführer offen davon sprach, "eine Handhabe gegen den Krankenstand" zu benötigen. Zahlreiche Piloten gaben danach an, im Krankheitsfalle Disziplinarmaßnahmen zu fürchten. Mit anderen Worten: Piloten fürchten sich nunmehr davor, ihrer gesetzmäßigen Pflicht nachzukommen, den Flugdienst nicht anzutreten, sollten sie sich dazu nicht in der Lage sehen. Dies ist im Hinblick auf die verbundenen Sicherheitsrisiken inakzeptabel. Einzig der Pilot selbst ist in der Lage, die eigene Einsatzfähigkeit zu beurteilen, da er letztlich die volle Verantwortung für die sichere Flugdurchführung trägt. Warum sonst überließe der Gesetzgeber diese letzte Entscheidung dem Piloten selbst? Weil er oder sie die letzte Verteidigungslinie für einen sicheren Flugverlauf darstellt! Diese weitreichende Befugnis wurde den Piloten jedoch durch die Unternehmensführung der Cargolux faktisch entrissen, als Piloten mit direktem Verweis auf ihre Kranken¬geschichte gekündigt wurde.
Die Unternehmensführung, die Zivilluftfahrtbehörde Luxemburgs (DAC), sowie das zuständige Ministerium wurden über das entstandene Sicherheitsrisiko informiert. Zudem wurden drei Dringlichkeitsmaßnahmen gefordert. Diese böten Schutzmechanismen gegen den Missbrauch der "Just Culture" und assoziierten Disziplinarrichtlinien mit dem Ziel, Vertrauen zurück zu gewinnen. Wie bereits erwähnt ist Vertrauen unabdingbar in einer Sicherheitskultur, um Unfälle zu vermeiden. Leider jedoch zog es die Unternehmensführung vor, sich hinter Ausflüchten zu verstecken und sämtliche Mechanismen abzulehnen.
Am 23. Juli entschied eine erhebliche Anzahl von Piloten, außerstande zu sein, ihren Flugdienst anzutreten. Bislang hat die Unternehmensleitung keine Anstalten gemacht, gegen einzelne Piloten vorzugehen. Wir gehen daher davon aus, dass man erkannt hat, dass jene Piloten hierbei vollends in Rahmen ihrer Befugnisse und vor allem entsprechend geltendem Recht gehandelt haben. Cargolux nähme somit zur Kenntnis, dass es einzig dem Piloten obliegt zu beurteilen, ob die eigene Verfassung zu gegebener Zeit mit den Erfordernissen des Flugdienstes vereinbar ist. Die ALPL vertraut darauf, dass die Unternehmensführung diese Position beibehalten wird. Die Forderung die "Dringlichkeitsmaßnahmen" umzusetzen besteht nach wie vor. Im Einvernehmen mit dem LGCB wird die ALPL daher weiterhin darauf bestehen, die entsprechenden Mechanismen einzuführen, um das Vertrauen wieder herzustellen. Eine "Just Culture" und das ihr zugrundeliegende Vertrauen sind unabdingbare Voraussetzungen für Flugsicherheit.
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